Die Herzkrankheit DCM

Häufigkeit und Ursachen

Die Dilatative Kardiomyopathie (kurz: DCM) ist eine erbliche Herzkrankheit, die vor allem bei größeren Hunderassen vorkommt. Es handelt sich um eine Herzmuskelschwäche, die unheilbar ist und deren tödlicher Verlauf mit Medikamenten nur verzögert werden kann. Die DCM und der plötzliche Herztod (der meist in direktem Zusammenhang mit der DCM steht, siehe unten) gehören mit 20% – 35% (je nach Datensammlung und Farbschlag) zu den häufigsten Todesursachen der Deutschen Dogge. Am stärksten betroffen ist in Mitteleuropa der blaue Farbschlag. Diese ungleiche Verteilung in den verschiedenen Farbschlägen – die im Grunde Unterrassen der Dogge sind, da sie noch weitestgehend getrennt voneinander gezüchtet werden – und familiäre Häufungen weisen auf eine hohe Erblichkeit der Erkrankung hin. Es konnten bereits in einigen Studien an verschiedenen Hunderassen Genvarianten gefunden werden, die im Zusammenhang mit der DCM stehen.

Es gibt mittlerweile zahlreiche Datensammlungen und Studien zur DCM bei der Dogge. So hat Dr. Kresken (Vorsitzender des Collegium Cardiologicum) insgesamt 397 Doggen über einen Zeitraum von mehreren Jahren untersucht, wovon 31% einen Herzbefund hatten. Die Ergebnisse seiner Datensammlung stellte er auf dem VDH-Kongress “Experten Erklären” in Düsseldorf im Jahr 2012 vor. Auszüge seines Vortrages und ein Interview mit ihm sind in folgendem Informationsfilm von Ruth Stolzewski über die DCM aus dem Jahr 2012 zu finden:


Im selben Jahr wurde in England im Journal for Vet.Intern.Med eine Studie veröffentlicht von Stephenson et al. (2012). Für diese Studie wurden 103 Doggen ab 4 Jahren untersucht, die von ihren Besitzern als augenscheinlich gesund eingestuft wurden. Nur 27% der untersuchten Hunde waren jünger als 6 Jahre und die Prävalenz – also Häufigkeit – der DCM lag bei 35,9%!

Auch im Deutschen Doggen Club (DDC) wurden von 2014-2016 im Rahmen der sogenannten “DCM-Studie” alle Zuchthunde Herz geschallt. Leider erfolgte bis heute (Februar 2019) keine wissenschaftliche Auswertung dieser Daten.

Außerdem wurden überwiegend junge Hunde untersucht. Da die DCM aber eine Krankheit ist, die sich erst im Laufe des Lebens entwickelt, meist zwischen dem 3. und 6. Lebensjahr, ergab sich ein verzerrtes Bild: 13,18% der 565 untersuchten Doggen mit einem Durchschnittsalter von nur 3,6 Jahren haben einen auffälligen Herzbefund (DCM 1, 2 oder 3), davon sind 4,39% an okkulter und klinischer DCM erkrankt. Nur 10,35% der im DDC untersuchten Hunde sind über dem aussagekräftigen Alter von 6 Jahren, in dem sie erst mit hoher Sicherheit als krank oder gesund eingestuft werden können. Betrachtet man die Verteilung nach Altersklassen zeigt sich, dass die Häufigkeit der Erkrankung mit steigendem Alter zunimmt und zwischen 7-8 Jahren 20% der Hunde an DCM erkrankt sind.

Anteil der DCM kranken Doggen nach Altersklasse anhand der Datensammlung des DDC von 2014-2016

Trotz dieser Zahlen ist der Herzultraschall weder im DDC noch in der KyDD als Pflichtuntersuchung für Zuchthunde vorgeschrieben! Er wird im Zuchtbuch 2017 sogar vom Zuchtleiter und der Präsidentin des DDC als “Gängelei” bezeichnet!

In einigen europäischen Zuchtvereinen ist der Herzultraschall bereits vorgeschrieben, in den Niederlanden z.B. muss er jährlich durchgeführt werden, in Österreich zweijährlich, in Finnland wird ab Juli 2019 ein jährlicher HUS Pflicht.

Interessant ist, dass zumindest in Europa der blaue Farbschlag deutlich häufiger betroffen ist von der DCM als gelb/gestromt und schwarz/gefleckt. Darum ist von einer hohen Erblichkeit der Erkrankung auszugehen. Die unterschiedlichen Verteilungen in den Farbschlägen sind höchstwahrscheinlich auf häufig eingesetzte Deckrüden der Vergangenheit zurückzuführen, die die Defektgene entsprechend weitergegeben haben.

Rüden erkranken häufiger und zeigen einen aggressiveren Verlauf der Erkrankung.

Praxis der Kardiologie, Dr. Kresken et al. Enke Verlag 2017

Aufgrund dieser Tatsache wurde lange ein X-chromosomaler Erbgang vermutet, doch mittlerweile geht man von einem polygenen Erbgang aus, d.h. es sind mehrere Gene für das Entstehen einer DCM verantwortlich. Darum ist es auch entsprechend schwierig, einen Gentest zu erarbeiten. Dieser wäre aber sehr wichtig, um sogenannte Trägertiere zu ermitteln, d.h. Tiere die äußerlich gesund sind, aber die Krankheit trotzdem an ihre Nachkommen weitergeben können. Anhand der Häufigkeit der DCM kranken Hunde in der Doggenpopulation kann man davon ausgehen, dass bis zu drei Viertel der Doggen Trägertiere sind (berechnet nach der Hardy-Weinberg-Regel, siehe S.261, Rassehundezucht Genetik für Züchter und Halter – Irene Sommerfeld-Stur, Müller Rüschlikon Verlag, 2016). Darum hat die IG GDD das Forschungsprojekt zur Entwicklung eines Gentests für die DCM an der TIHO Hannover initiiert und unterstützt dieses logistisch und finanziell.


Was passiert bei einer DCM und woran erkennt man sie ?

Grundsätzlich muss man zwischen zwei Typen der DCM unterscheiden, dem sogenannten “wavy-fiber-type” (Typ 1) und dem “fatty-infiltrated-type” (Typ 2). Bei der DCM lösen sich die Fasern des Herzmuskels auf, beim “wavy-fiber-type” zerfallen sie in Wellenform, beim “fatty-infiltrated-type” lagern sich Fettzellen ein. Typ 1 ist bei der Dogge “häufig”, Typ 2 kommt “regelmäßig” vor. (Praxis der Kardiologie, Dr. Kresken et al. Enke Verlag 2017)

Beiden Formen geht eine lange Phase voraus, in der die Krankheit keine Symptome zeigt, die sogenannte “Zellphase”, in der der Herzmuskel beginnt sich zu verändern. In der subklinischen/okkulten Phase ist die DCM äußerlich dem Hund weiterhin nicht anzumerken, mit Hilfe eines Herzultraschalls und EKGs ist sie aber durch einen ausgebildeten Kardiologen zu diagnostizieren. In der klinischen Phase zeigen sich dann auch dem Hundehalter Symptome wie Leistungsschwäche, Husten, Ohnmachtsanfälle, eine blaue Zunge und andere Anzeichen einer Sauerstoffunterversorgung. Beim Typ 1 der DCM ist im Herzultraschall in der subklinischen Phase eine Erweiterung der linken Herzkammer und eine Verminderung der Pumpkraft des Herzens festzustellen.

Beim Typ 2, die auch als arhythmogene DCM oder Dobermann-DCM bezeichnet wird, ist im Herzultraschall erst einmal keine Veränderung festzustellen, dafür zeigen sich im EKG Herzrhythmus-Störungen. Einziges klinisches Symptom dieser Erkrankung ist allzu oft der plötzliche Herztod des Hundes. D.h. der Hund stirbt, weil sein Herzschlag aussetzt. Dies ist bei Doggen eine häufige Todesursache!

Wenn die DCM frühzeitig diagnostiziert wird kann mit Medikamenten der Verlauf verlangsamt werden. Die Überlebensdauer ist dabei je nach Verlauf und Stadium der Erkrankung sehr unterschiedlich und liegt bei wenigen Monaten bis zu wenigen Jahren.

Zur Vorsorge empfiehlt es sich für jeden Doggenhalter, ab dem 1. Lebensjahr mindestens alle zwei Jahre, am besten aber jährlich einen Herzultraschall durchführen zu lassen bei einem ausgebildeten Kardiologen, der am besten Mitglied im Collegium Cardiologicum (CC) sein sollte. Eine Liste der Untersucher ist hier zu finden: 

Bei der Untersuchung wird der Hund zuerst abgehört. Dann wird ein Herzultraschall durchgeführt, bei dem ein Kurzzeit-EKG mitlaufen sollte. Im offiziellen Untersuchungsbogen des CC wird DCM 0 angekreuzt, wenn der Hund keine Symptome zeigt. DCM 1 “vorläufig frei” wird angekreuzt, wenn der Hund einzelne geringgradige Symptome zeigt. Ein solcher Hund sollte alle 6-12 Monate untersucht werden, um zu sehen, ob sich eine DCM entwickelt. DCM 2 wird angekreuzt, wenn der Hund deutliche Symptome einer DCM zeigt, sich aber noch in der okkulten/subklinischen Phase befindet. Und eine DCM 3 bedeutet es liegt eine klinische Form vor, der Hund befindet sich im Endstadium der Krankheit.

Wenn im EKG Herzrhythmusstörungen auftreten hängt es sehr von deren Häufigkeit und Form ab, ob diese gefährlich sind und therapiert werden müssen, oder ob sie harmlos sind.

Vereinzelte VES (Ventrikuläre Extrasystolen = Herzrhythmusstörungen, Anm.d.Verf.) können auch beim gesunden Organismus vorkommen. Bis zu 50 VES/Tag sollen beim Hund noch normal sein.

Praxis der Kardiologie, Dr. Kresken et al. Enke Verlag 2017

Die Formen der Extrasystolen werden entsprechend ihres Risikos eines plötzlichen Herztods eingeteilt. Einzelne, monomorphe Extraschläge sind dabei am wenigsten riskant, je mehr Extraschläge sich aneinander reihen, und je öfter diese auftreten desto höher steigt das Risiko. Dabei sind Herzrhythmusstörungen nicht zwangsläufig kardial – also vom Herzen verursacht. Es gibt auch zahlreiche nicht kardiale Ursachen, wie die Magendrehung, Sepsis, Trauma, Tumoren, Schmerzen, Fieber, Elektrolytimbalancen etc. Um die Form und Ursache der Rhyhtmusstörungen abzuklären empfehlen sich weitere Untersuchungen wie Bluttests und ein 24 Stunden EKG.


Erfahrungsbericht

Bei meinem Doggenrüden Ludwig wurde im Alter von 8,5 Jahren – also relativ spät – die Diagnose „okkulte DCM“ gestellt von Dr. Killich in der Tierklinik Haar im März 2016. Ansonsten war Ludwig bis auf einige Alterszipperlein noch sehr fit. Er bekam anfangs nur das Herzmedikament Vetmedin, doch sein Gesundheitszustand verschlechterte sich schnell. Im Juni begann er, Wasser zu erbrechen, das sich in seiner Lunge angesammelt hatte, da sein Herz nicht mehr genug Pumpkraft hatte. Ich ging erneut zum Herzultraschall und er bekam von nun an 13 Tabletten am Tag von 4 verschiedenen Präparaten. Aber auch das half nicht.

Die Kosten für die Behandlung eines DCM-kranken Hundes können sich auf bis zu 200 Euro im Monat belaufen

In einer Nacht musste ich den Tiernotarzt rufen, weil Ludwig kaum noch Luft bekam. Es ist furchtbar, das Gefühl zu haben, dass der eigene Hund erstickt und man nichts tun kann. Der Arzt hat ihm ein Entwässerungsmittel gespritzt und es ging für den Moment wieder etwas besser. Aber ich habe mir und ihm daraufhin versprochen, dass ich ihn beim nächsten Erstickungsanfall erlösen würde. Von anderen DCM-betroffenen Hundehaltern bekam ich viele Tipps, unter anderem den, mir eine Entwässerungsspritze für den Notfall zu besorgen, um ihm wenigstens kurzzeitig Linderung zu verschaffen. Das Schlimme war, dass es ihm tagsüber oft noch recht gut ging – wenn es nicht zu heiß war – und dass er mental und auch von seinem Bewegungsapparat her fit war. Darum fiel mir die Entscheidung, ihn gehen zu lassen, sehr sehr schwer. Zwischenzeitlich hatte ich auch immer die Hoffnung, dass sich sein Zustand mit den vielen Medikamenten vielleicht doch noch stabilisieren würde. Doch am 26.07.2016 hatte er morgens wieder wahnsinnig viel Wasser ausgewürgt. Er atmete schwer und röchelnd und ich sah ihm an wie er litt, die Panik in seinen Augen. Um ihm kurzzeitig zu helfen spritzte ich ihm das Entwässerungsmittel. Ich rief bei meiner Tierklinik an und bei einer guten Freundin, die mich bei diesem letzten schweren Schritt begleitete. Ludwig schlief in meinen Armen ein. Diesen letzten schweren Atemzug werde ich nie vergessen. Auf der einen Seite bin ich sehr froh, dass ich in diesem Augenblick bei ihm sein konnte und dass er nicht leiden musste. Auf der anderen Seite denke ich immer noch darüber nach, ob es der richtige Zeitpunkt war. Wahrscheinlich gibt es einfach nicht den “perfekten Zeitpunkt” um sich von seinem besten Freund zu verabschieden, der einen über 9 Jahre lang jeden Tag begleitet hat.

Ein Bericht von Ruth Stolzewski


Quellen und weitere Informationen: